Die Kunst Halle Sankt Gallen nimmt innerhalb der schweizerischen Kunstszene eine besondere Stellung ein: sie kann als die kleinste der grösseren Institutionen für Gegenwartskunst der Schweiz oder – genau umgekehrt – als die grösste der kleineren Ausstellungsstätten bezeichnet werden. Hier treffen und mischen sich gegensätzliche Möglichkeiten, Erwartungen und Emotionen.
Unser übergeordnetes Interesse besteht darin, als Plattform für die Arbeit von Künstlerinnen und Künstlern zu dienen, die wir als relevant im gegenwärtigen Diskurs einschätzen. Ihnen wollen wir bei der Realisation von neuen Produktionen inhaltlich und finanziell helfen, sowie unserem Publikum ihren künstlerischen Ansatz adäquat präsentieren und vermitteln.
Darüber hinaus sehen wir unsere Aufgabe darin, künstlerische Impulse vor Ort zu setzen, zur internationalen Vernetzung der schweizerischen Kunstszene beizutragen, Kataloge herauszugeben und allgemein Vermittlung von Gegenwartskunst auszuüben.
Als Plattform, die in ihrem Programm Offenheit ausstrahlt, will die Kunst Halle Sankt Gallen mit ihren Ausstellungen einen offenen Kunstbegriff propagieren und Fragen über die aktuelle künstlerische Produktion der jüngeren Künstlergeneration sowie gesellschaftliche und politisch relevante Themen stellen. Wir sind überzeugt, dass Kunst ein wichtiges Werkzeug für die Zelebrierung und gleichzeitig die Hinterfragung komplexer Verhältnisse ist: mit dieser Komplexität wollen wir unser Publikum konfrontieren. Darüber hinaus vergessen wir das geographische Umfeld in unserem Programm nicht. Wir versuchen, den Spagat zwischen lokalen Bedürfnissen und globalen Ambitionen zusammen mit Künstlerinnen und Künstlern zu meistern, indem wir St.Gallen und die Region als inhaltlichen Kontext und Ausgangspunkt benutzen oder spezialisierte Partner vor Ort in unsere Produktionen involvieren.
Wie andere schweizerische Institutionen für Gegenwartskunst wurde die Kunst Halle Mitte der 80er Jahre gegründet, um die steigenden Bedürfnisse einer lokalen Kunstszene nach Ausstellungsmöglichkeiten, professioneller Vernetzung und intellektuellem Austausch zu befriedigen; in anderen Worten, um die Lebendigkeit einer lokalen Kunstszene sichtbar und spürbar zu machen und eine Identifikationsplattform zu schaffen. Dieser Pionierphase, die schweizweit stattfand und der Etablierung der Gegenwartskunst als unersetzbares kulturelles Phänomen in der Öffentlichkeit diente, sind Jahre einer konstanten Weiterentwicklung und Professionalisierung gefolgt, in denen die Kunst Halle Sankt Gallen von einem wandernden Verein ohne fixe Räumlichkeiten zu einer renommierten Institution für Gegenwartskunst wurde.
Die Kunsthalle St. Gallen wurde 1985 gegründet und definiert sich ursprünglich als ein Ort, an dem mit künstlerischen Aussagen auf städtebaulich umstrittene Situationen reagiert wird. Stellvertretend dafür stehen Abbruchobjekte wie Volksbad oder Gewerbeschule. Die kulturpolitische Idee, mit künstlerischen Mitteln auf städtebauliche Fragen zu reagieren, ist Motivation und Treibkraft, mit wenig Mitteln aus dem Nichts Kulturorte für eine beschränkte Zeit zu definieren.
In der Folge ist es möglich, an der Wassergasse 24 ein weiteres Objekt mit unbestimmtem Abbruchtermin zu beziehen. Durch die vierjährige Dauer entsteht bereits ein Hauch des Institutionellen. Man verlässt die Idee von Improvisation und Fronarbeit in der Überzeugung, nur ein professionalisierter Betrieb erfülle die Erwartungshaltung aus der früheren Arbeit. Die Stadt St. Gallen anerkennt die Leistung der Kunsthalle und bewilligt 1990 einen alljährlich wiederkehrenden Beitrag. Dieser Beitrag, ergänzt durch weitere Unterstützungen von Kanton und anderen Institutionen, erlaubte es, Ausstellungsräume fest zu mieten und eine Aufsicht mit Sekretariatsfunktion teilzeitlich anzustellen. Inhaltlich und programmatisch ist man auf junge wechselnde GastkuratorInnen mit viel Enthusiasmus und Ehrgeiz angewiesen.
Die Liegenschaft Wassergasse 24 muss auf Ende 1992 wegen Abbruch geräumt werden. Nach langem Suchen bietet die Stadt Ersatz in Form eines Provisoriums an der Davidstrasse 40 an. Die Kunsthalle hat von da an auch räumlich ihren festen Platz in der St. Galler Kulturszene. Ihr erster Künstlerischer Leiter heisst Josef Felix Müller.
Mit dem Bezug der Räumlichkeiten an der Davidstrasse 40 entschied sich der Verein, die Stelle der Künstlerischen Leitung öffentlich auszuschreiben. Die deutsche Kuratorin Dorothea Strauss war von 1996 bis 2001 die erste Kuratorin der Kunsthalle. Ihr Programm richtete sich vermehrt am internationalen Kunstschaffen aus. Von 2001 bis 2006 hielt Gianni Jetzer die Leitung inne (unter dem Namen Neue Kunst Halle St. Gallen). Er konsolidierte die internationale Ausrichtung seiner Vorgängerin mit gleichzeitig starkem Einbezug von jüngeren Künstlern aus der Schweiz. 2004 wurden Räume im Erdgeschoss des Lagerhauses in der Davidstrasse 40 bezogen. Der neue Standort ist ein gewichtiger Vorteil in der Vermittlung des Angebots und in der Betonung des öffentlichen Interesses. Verantwortlich für den Umbau zeichneten die Herisauer Architekten Keller/Hubacher. Das Fries im Foyer, bei Tag und Nacht von Aussen einsehbar, wurde bis 2007 halbjährlich wechselnd von verschiedenen Künstlern als Ausstellungsfläche genutzt. Seit 2007 ist Giovanni Carmine Direktor der Kunst Halle Sankt Gallen. Sein hauptsächliches Interesse liegt darin, KünstlerInnen eine Plattform für die Produktion neuer Projekte und einen Ort für Experimente zu bieten sowie zur internationalen Vernetzung der schweizerischen Kunstszene beizutragen.
Die Kunst Halle Sankt Gallen ist Mitglied des Verbands der Museen der Schweiz (VMS) und des Vereins für Schweizer Institutionen zeitgenössischer Kunst (VSIZK).